Vielzitzenmäuse

Die Gattung der Vielzitzenmäuse (Mastomys) umfasst nach derzeitigem Stand 7 Arten. Vielzitzenmäuse sind, mit Ausnahme der Sahara, in Afrika weit verbreitet. Ihre natürlichen Lebensräume sind offene Graslandschaften und lichte Trockenwälder. Die nachtaktiven Tiere leben hauptsächlich am Boden und in selbstgegrabenen unterirdischen Gängen.

Insbesondere die Natal-Vielzitzenmaus ist als Kulturfolger bekannt und lebt – ähnlich wie unsere Hausmaus – in Dörfern, Städten und auf landwirtschaftlich genutzten Flächen. Vielzitzenmäuse zeichnen sich durch eine hohe Vermehrungsrate (bis zu 22 Jungtiere pro Wurf; 10 - 24 Zitzen) und einen nur schwach vorhandenen Eigengeruch aus.

Bei den in Deutschland häufig gehaltenen Vielzitzenmäusen handelt es sich wahrscheinlich um eine Kreuzung mehrerer Arten. Neben wild- und albinofarbenen Tieren gibt es auch gescheckte und zimtfarbene Exemplare.

Geschlechtsunterschiede

Der Abstand zwischen Geschlechtsöffnung und After ist bei den Männchen deutlich größer als beim Weibchen. Bei geschlechtsreifen Männchen sind meist auch die Hoden gut zu erkennen.

Verhalten

Die Tiere zeigen kurze Aktivitätsphasen rund um die Uhr, an die sich Ruhephasen anschließen.

Vielzitzenmäuse zeigen ein sehr ausgeprägtes Sozialverhalten und dürfen daher niemals einzeln gehalten werden. Neben der Pflege als Paar oder im Harem (ein Männchen und mehrere Weibchen) harmonieren auch reine Weibchen- oder Männchengruppen. Bei der Haltung von Paaren und Harems muss unbedingt die hohe Vermehrungsrate beachtet werden! Daher empfiehlt es sich die Männchen zu kastrieren. Da sich das Aneinandergewöhnen geschlechtsreifer Tiere schwierig gestalten kann, sollten Vielzitzenmäuse bereits als Jungtiere vergesellschaftet werden.

Verhaltensgerechte Unterbringung

Für eine kleine Gruppe Vielzitzenmäuse eignet sich ein Gitterkäfig oder Nagarium ab 100 x 50 x 50 cm (Länge x Breite x Höhe). Die Gitter- oder Maschenweiten sollten dabei einen Abstand von ca. 0,8 cm nicht überschreiten. Aquarien oder Terrarien sind nicht geeignet, da die Tiere sehr empfindlich auf schlechte Belüftung und dabei entstehende Schadgase (Ammoniak) sowie erhöhte Luftfeuchtigkeit reagieren.

Das Nagarium oder der Käfig sollte an einer möglichst ruhigen Stelle ohne Zugluft und direkte Sonneneinstrahlung stehen. Eine erhöhte Aufstellung des Käfigs erleichtert die Beschäftigung mit den Mäusen und schützt sie vor anderen Haustieren. Die Temperatur sollte zwischen 18 und 26 °C liegen, optimal sind 20 - 22 °C. Vielzitzenmäuse reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen und plötzliche Temperaturschwankungen.

Die Einstreuhöhe sollte etwa 10 cm betragen; geeignet ist Kleintiereinstreu, die mit Heu und Stroh vermischt werden kann. Die Einrichtung des Käfigs kann die ganze Höhe einbeziehen, allerdings klettern Vielzitzenmäuse kaum. Wichtiger ist eine gute Strukturierung des Bodenbereiches, beispielsweise mit mehreren Unterschlüpfen aus Holz, Ton, Kork und anderem. Als weitere Beschäftigungs- und Nagematerialien können Papierrollen, Naturäste (keine Nadelhölzer), unbedrucktes Papier oder Karton Verwendung finden. Auch ein tierschutzgerechtes Laufrad mit mind. 30 cm Durchmesser und ein Sandbad werden gerne genutzt.

Abwechslung ist für die intelligenten Kleinnager extrem wichtig! Um den Erkundungstrieb der Tiere zufrieden zu stellen, empfiehlt es sich, die Grundeinrichtung des Käfigs gleich zu belassen, Einrichtungsgegenstände (Kartons, Hängematten, Röhren etc.) aber immer wieder auszutauschen. Heu oder Zellstoff nehmen die Mäuse gerne für den Nestbau an. Futter- und Wassergefäße können auf einer erhöhten Ebene standsicher angeboten werden. Es muss darauf geachtet werden, dass alle schweren Einrichtungsgegenstände untergrabsicher  aufgestellt werden (beispielsweise Häuschen direkt auf der Bodenplatte).

Laufräder mit offener Sprossenlauffläche, zu kleine oder nicht achsseitig geschlossene Laufräder sowie geschlossene (Plastik-)Käfige ohne ausreichende Belüftung werden als tierschutzwidrig bewertet.

Ernährung

Vielzitzenmäuse sind Gemischtköstler. Ihr Hauptfutter besteht aus kleineren Sämereien und tierischem Eiweiß, beispielsweise in Form von Insekten (z. B. Mehlwürmern), getrockneten Bachflohkrebsen, Katzentrockenfutter, Joghurt oder hartgekochtem Ei. Abwechslungsreiches Frischfutter (z. B. Salat, Kräuter, Obst, Gemüse) muss täglich angeboten werden. Das Frischfutter kann direkt auf die Einstreu gelegt oder in einem separaten Futternapf angeboten werden, sollte aber nicht zusammen mit dem Trockenfutter in einen Napf gelegt werden.

Über einen Mineralstein können die Mäuse selbständig ihren Bedarf decken. Sauberes Trinkwasser muss stets zur Verfügung stehen. Ölsaaten und Nüsse dürfen nur vereinzelt in sehr kleiner Menge gegeben werden. Zucker- und fetthaltige Leckerlis, wie Joghurtdrops, Nagergebäck u. Ä. sind nicht zu empfehlen.

Pflege

Futter- und Trinkwassergefäße sowie Kot- und Urinecken müssen täglich, das Gehege und die Einrichtung mindestens einmal wöchentlich gründlich gereinigt und ggf. desinfiziert werden. Dabei wird auch die Einstreu erneuert. Da sich Mäuse stark über den Geruchssinn orientieren, kann nach der Reinigung ein kleiner Teil der alten Einstreu in den Käfig zurückgegeben werden.

Der allgemeine Gesundheitszustand der Vielzitzenmäuse muss täglich, das Gewicht möglichst wöchentlich kontrolliert werden. Häufige Krankheitsanzeichen sind Gewichtsverlust, Haut- und Fellveränderungen, Schnupfensymptome, Apathie sowie Durchfall. Bei Auffälligkeiten muss ein kleinsäugererfahrener Tierarzt hinzugezogen werden.

Eingewöhnung und Umgang

Vielzitzenmäuse benötigen zur Eingewöhnung in den ersten Tagen in ihrer neuen Umgebung viel Ruhe. Danach kann der Halter über Leckerbissen Kontakt zu den Tieren aufnehmen und ihr Vertrauen gewinnen. Ein kontrollierter Freilauf in der Wohnung ist dann bei zahmen Exemplaren möglich. Dabei müssen sie vor allen potenziellen Gefahrenquellen, wie beispielsweise Elektrokabeln, Zimmerpflanzen oder anderen Haustieren geschützt sowie das Nageverhalten der Tiere und deren Geschick, auch in kleinsten Lücken zu verschwinden, berücksichtigt werden.

Insbesondere Jungtiere sind sehr flink und können ansatzlos weit und hoch springen. Zahme Vielzitzenmäuse lassen sich aufnehmen, indem man mit beiden Händen eine Höhle bildet; bissigere Tiere können mithilfe eines Behälters (z.B. Transportbox) gefangen werden. Die Tiere dürfen niemals am empfindlichen Schwanz festgehalten oder hochgehoben werden. Für Kinder sind Vielzitzenmäuse erst ab etwa 10 Jahren und unter Anleitung der Eltern geeignet.

Besonderheiten

Da Vielzitzenmäuse häufig ohne gezielte Zuchtauswahl als Futtertiere gezüchtet werden, treten oft sehr scheue oder aggressive Tiere auf. Es gibt aber auch ruhige, friedliche Zuchtlinien.