Kanarienvogel

Der Kanarienvogel (Serinus canaria f. domestica) stammt vom Kanarengirlitz ab, der auf den Kanarischen Inseln, auf Madeira und den Azoren beheimatet ist. Bereits im Mittelalter begann die Zucht der hervorragenden Sänger, in deren Verlauf Größe, Farbe, Körperform und Befiederung (teils erheblich) verändert wurden. Heute werden drei Zuchtrichtungen – Positur- oder Gestalt-, Gesangs- und Farbkanarien – mit über 300 Rassen unterschieden. Für die Heimtierhaltung sind besonders die Gesangs- und Farbkanarien geeignet.

Geschlechtsunterschiede

Äußerlich sind die Geschlechter nicht erkennbar. Allerdings singen nur die (geschlechtsreifen) Männchen und in der Paarungszeit ist die Kloake des Männchens zapfenförmig vorgestülpt. 

Verhalten

Kanarienvögel müssen immer paarweise oder in kleinen Gruppen gehalten werden. Männchen können während der Brutsaison untereinander aggressiv sein und vertragen sich nur in großen Volieren mit Rückzugsmöglichkeiten. Beim Tod eines Tieres muss das verbliebene Tier wieder vergesellschaftet werden; dies geschieht anfänglich am besten mit Hilfe eines zweiten Käfigs, damit sich die Tiere langsam aneinander gewöhnen können.

Kanarien sind tagaktiv; empfohlen wird eine Nachtruhe von mindestens 10 Stunden (ggf. abdunkeln).

Verhaltensgerechte Unterbringung

Kanarien sind sehr bewegungsaktiv; daher ist eine große Zimmervoliere (z. B. 200 x 100 x 200 cm) oder ein Vogelzimmer mit Schlafkäfig die beste Wahl. Alternativ wäre die Haltung in einem Vogelheim/Käfig mit zusätzlich täglich mehreren Stunden Freiflug möglich. Die Mindestgröße des Vogelheims beträgt 120 x 60 x 80 cm (Länge x Breite x Höhe) für jeweils 2 - 4 Tiere. Eine reine Käfighaltung ohne täglichen Freiflug wird dem Bewegungsbedürfnis der Tiere nicht gerecht und ist als tierschutzwidrig einzuschätzen. 

Die Voliere sollte an einer ruhigen, hellen Stelle ohne direkte Sonnenstrahlung stehen. Käfige müssen in einer Höhe von mindestens 0,80 m aufgestellt werden. Der ideale Temperaturbereich liegt zwischen 18 und 25 °C, die relative Luftfeuchtigkeit sollte bei 60% liegen. Plötzliche Temperaturschwankungen und Zugluft sind unbedingt zu vermeiden! Kanarien können nur ganzjährig in Freivolieren gehalten werden, wenn ein frostfreies Schutzhaus (mind. 1 m²) und ausreichend Schattenplätze vorhanden sind.

Für die Einrichtung eignen sich Sitzstangen, Seile, Schaukeln u. ä. Die Sitzstangen – optimal sind Naturäste mit unterschiedlichen Durchmessern – sollten etwas federn, damit Gelenke und Füße der Tiere geschont werden. Die Sitzmöglichkeiten sollten so angeordnet sein, dass eine Verschmutzung durch herabfallenden Kot vermieden wird. Bei der Einrichtung ist stets darauf zu achten, dass noch ausreichend freier Raum zum Fliegen vorhanden ist.

Kanarien benötigen täglich neue Beschäftigungsmöglichkeiten, beispielsweise Äste von Laubbäumen mit Knospen oder Blättern (z. B. Hasel, Weide, Birke), Gräser ebenso wie unbehandeltes Holzspielzeug etc. Eine Bademöglichkeit (Schale oder Badehäuschen) wird ebenfalls gerne genutzt.

Als Bodengrund eignen sich Hanfeinstreu oder andere saugfähige Materialien. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen empfehlen bei Zimmerhaltung eine gezielte Beleuchtung mit UV-Anteilen. Falls Leuchtstoffröhren zum Einsatz kommen, müssen diese flackerfrei sein (elektronische Vorschaltgeräte). Vögel neigen im Dunkeln zu Panikreaktionen und können sich dabei schwer verletzen; ein schwaches Orientierungslicht (Mondlicht) im Raum kann dies verhindern.

Ernährung

Gut geeignet ist eine Kanarien-Körnermischung mit möglichst wenigen fetthaltigen Sämereien, wie beispielsweise Hanf oder Rübsen. Als Tagesportion reichen zwei leicht gehäufte Teelöffel pro Tier. Auch Hirsekolben werden gerne angenommen. Um Streitigkeiten beim Fressen zu vermeiden, sollte das Futter auf mehrere Futternäpfe verteilt werden.

Zusätzlich benötigen die Tiere täglich und reichhaltig Frischfutter wie Kräuter (u. a. Vogelmiere, Küchenkräuter), Gemüse (wie Gurke, Karotte, Zucchini, Paprika) und Obst (z. B. Äpfel). Gerne angenommen wird auch Keimfutter in kleinen Mengen (Vorsicht: Keimfutter verdirbt schnell und regt die Tiere u. U. zur Brut an!).

Zur Verdauung und für gesunde Knochen wird Kalzium – bspw. Sepiaschale oder loser Grit – benötigt. Einmal pro Woche sollte ein geeignetes Vitaminpräparat gegeben werden. Während des jährlichen Gefiederwechsels (Mauser) benötigen die Tiere etwas tierisches Eiweiß (z. B. Insekten, Ei- oder Weichfutter).

Sauberes Wasser muss immer angeboten werden. Wasser- und Futtergefäße sowie Badegelegenheiten sind so anzubringen, dass sie von den Vögeln nicht verschmutzt werden. Zur Eingewöhnung junger Tiere empfiehlt es sich, das Futter und Wasser auf dem Boden anzubieten. 

Pflege

Futter- und Trinkwassergefäße sowie Bademöglichkeiten müssen täglich gründlich gereinigt werden. Mindestens einmal in der Woche müssen das Vogelheim und die Einrichtung gründlich gereinigt und ggf. desinfiziert sowie der Bodengrund komplett erneuert werden.

Der Gesundheitszustand der Tiere muss täglich kontrolliert werden. Vögel zeigen ihr Unwohlsein erst spät, deshalb ist sofortiges Handeln unerlässlich! Kompetenter Ansprechpartner ist der Tierarzt. Häufige Krankheitsanzeichen sind Teilnahmslosigkeit, aufgeplustertes oder verschmutztes Gefieder, Veränderungen an den Beinen, Gefiederlücken, Schlafen auf beiden Beinen und veränderter Kot. Bei Bedarf sind zu lange Krallen oder der Schnabel zu kürzen. Auch hier sollte der Tierarzt um Rat gefragt werden.

Eingewöhnung und Umgang

In den ersten Tagen in ihrem neuen Heim benötigen die Vögel viel Ruhe, um sich an ihre neue Umgebung zu gewöhnen. Kanarien können handzahm werden, reagieren aber auf ungewohnte Reize sehr hektisch. Besonders in der Eingewöhnungsphase sollten daher schnelle Bewegungen in der Nähe der Tiere vermieden werden. Auch leises, ruhiges Ansprechen hilft bei der Eingewöhnung. Grundsätzlich suchen Vögel bei Beunruhigung gerne erhöhte Sitzplätze auf. Entsprechend hohe Volieren oder eine erhöhte Aufstellung des Käfigs/Vogelheimes helfen Stress zu reduzieren.

Eingewöhnten Tieren kann Freiflug angeboten werden. Alle potenziellen Gefahrenquellen beim Freiflug, wie bspw. offene Fenster, Fensterscheiben ohne Aufkleber, Zimmerpflanzen oder andere Haustiere, müssen dabei berücksichtigt werden. Um die Rückkehr in den/die Käfig/Voliere zu erleichtern, sollte nur im Käfig/Voliere gefüttert werden. Evtl. können die Tiere mit Leckerbissen (z. B. Hirse, Mehlwürmer) in den Käfig gelockt werden.

Das Fangen stellt für Vögel immer eine Extremsituation dar; daher werden die Tiere am besten kontinuierlich mit Leckerbissen an einen Transportkäfig gewöhnt. Im Ernstfall können sie mit einem feinmaschigen Fangkescher eingefangen und anschließend vorsichtig umfasst werden.

Kanarien eignen sich für Kinder ab 12 Jahren (unter Aufsicht der Eltern).

Besonderheiten

Eine Nisthilfe sollte nur angeboten werden, wenn konkrete Zuchtabsichten bestehen und Abnehmer für die Jungtiere vorhanden sind.

Einige Kanarienrassen (insbesondere im Bereich der Positurkanarien) sind qualzuchtverdächtig und sollten nicht gehalten werden. Manche Zuchtlinien weißer Kanarienvögel leiden unter einer Störung des Vitamin A Stoffwechsels und müssen deshalb besonders ernährt werden.